ne persönliche Entscheidung eines einzelnen Lesers und fangreicher geworden.
  • Altern Klassiker langsamer alKritik und Verkauf, fragt man sich, wer Klassiker eigentlich zu Klassikern macht?
  • Die Interessen von Verlagen, Jurys und Wissenschaftlern unterscheiden sich oft erheblich. Die Verlage orientieren sich leider nur immer an den populären Kinderklassikern, die seit Generationen überliefert sind und deshalb hohe Absatzzahlen versprechen. Das führt dazu, dass immer und immer wieder dieselben 30-40 Kinderklassiker ediert werden. Von manchem klassischen Kinderbuch gibt es bis zu fünf verschiedene Ausgaben, die sich oft nur durch die Illustrationen voneinander unterscheiden. Den Mut, in Analogie zu der erfolgreichen "Puffin Modern Classics"-Reihe, auch moderne Kinderklassiker herauszubringen, hat bislang kein deutschsprachiger Verlag aufgebracht. Lobenswert sind deshalb die "Junge Bibliothek" (50 Bände) der "Süddeutschen Zeitung" und die "Kinderbuchedition" (15 Bände) der Wochenzeitung "DIE ZEIT", die auf vergriffene und dadurch in Vergessenheit geratene herausragende Kinderbücher aufmerksam machen, denen man zum Teil schon den Status eines modernen Kinderklassikers zuerkannt hat. Hier zeigt sich schon deutlich, dass unterschiedliche Auffassungen darüber, was einen Klassiker eigentlich zum Klassiker macht, existieren. Auf der einen Seite die Tendenz, auf Nummer Sicher zu gehen und nur die schon lange etablierten älteren Kinderklassiker zu verlegen, auf der anderen Seite der Versuch, auch weniger bekannte bedeutende Kinderklassiker wieder zugänglich zu machen (meist handelt es sich um moderne Kinderklassiker oder um klassische Kinderbücher aus Ländern, deren kinderliterarische Produktion in Deutschland nicht so stark wahrgenommen wird).
  • In letzter Zeit scheint ein regelrechter Heißhunger auf Kanonbildung entstanden zu sein. Neben den von Ihnen gerade erwähnten Editionen der "Zeit" und der "SZ", gibt es mehrere Handbücher oder Ratgeber, die die "besten Bücher" versammeln, Bestenlisten und Preise für das "Buch des Monats" haben Hochkonjunktur. Wie erklären Sie diesen plötzlichen Hunger?
  • Das Bedürfnis nach Lese- und Empfehlungslisten sowie nach Klassikereditionen ist verständlich angesichts der nicht mehr zu überschaubaren Menge an Neuerscheinungen auf dem kinderliterarischen Buchmarkt (ganz zu schweigen von der Backlist). Wer nicht die Zeit und Muße hat, stundenlang in Bücherregalen oder Katalogen zu blättern, und wenn selbst die Experten den überblick verlieren, liegt der Griff nach Kinderklassikern nahe. Die Kinderliteratur vieler Länder kann auf eine Tradition von mehr als zweihundert Jahren zurückblicken. Angesichts dessen ist der Versuch einer Kanonbildung nahezu zwingend. Ein Kanon, auch wenn er einem Wandel unterliegt, weist den interessierten Leser, aber auch den Forscher, darauf hin, welche kinderliterarischen Werke einen großen Einfluss auf die Entwicklung der (inter)nationalen Kinderliteratur ausgeübt haben und sich durch ihren literarischen Anspruch auszeichnen.
  • Mit Klassikern wie Theodor Storms "Regentrude" oder Karl Mays "Winnetou" haben Kinder höchstens noch übers Schultheater oder den Fernsehfilm Berührungspunkte. Ansonsten scheinen sie in ihrem Alltag keine Bedeutung mehr zu haben. Lassen sich Kinder von Erwachsenen Klassiker vorschreiben?
  • Ich halte es für fatal zu meinen, dass man Kindern die Lektüre von Kinderklassikern und auch von anderen Kinderbüchern vorschreiben soll, nur weil man diese Bücher selbst für gut oder wichtig hält. Ich habe mein Lexikon als ein Angebot für Kinder und interessierte Eltern, Lehrer und andere Vermittler konzipiert: wer sich für die internationalen Kinderklassiker interessiert, findet hierbei manchen Tipp und stößt dabei vielleicht auch auf Werke, die sonst übersehen worden wären. Kinderklassiker kann man lesen, man muss sie aber nicht lesen. Wer diese oder zumindest eine Auswahl von ihnen jedoch nicht kennen lernt, dem entgehen viele faszinierende und literarisch anspruchsvolle Kinderbücher, die zum Weiterlesen und Nachdenken anregen. Denn wer kennt schon den leider vergriffenen ungarischen Schülerroman "A Pál utkai fiúk" (1907, dt. "Die Jungen der Paulstraße") von Ferenc Molnár oder den tschechischen Kinderroman Klapzubova jedenáctka (1922, dt. "Klapperzahns Wunderelf") von Eduard Bass, einen der besten Fußballromane, die je für Kinder geschrieben wurden (und gerade neu erschienen beim Wuppertaler Arco Verlag)?
  • Welche Bedeutung haben Klassiker für Kinder?
  • Ich habe selbst zwei Kinder im Alter von 17 und 7 Jahren und kann hinsichtlich ihrer Lesevorlieben und Lektüreerfahrungen feststellen, dass die Kinderklassiker bei ihnen einen breiten Raum einnehmen bzw. eingenommen haben. Daneben werden aber auch aktuelle Neuerscheinungen, Comics und Kinderzeitschriften gelesen. Ich will damit sagen, dass Kinder und Jugendliche ein breites Lesespektrum abdecken. Sie lesen kreuz und quer, was ihnen in die Finger kommt, ob Enid Blyton, "Die drei Fragezeichen", Donald Duck-Hefte, Cornelia Funkes "Die Wilden Hühner", oder Astrid Lindgrens "Ronja Räubertochter" und die Märchen der "Brüder Grimm". Es gibt mittlerweile viele herausragende Kinderbücher, die Kinderklassiker gehören auf jeden Fall dazu!
  • Sie haben in Ihrem Lexikon ja nicht nur deutsche Kinderbuch-Klassiker, sondern vor allem auch viele internationale Klassiker aufgenommen. Länder mit der höchsten Klassiker-Rate sind demnach die USA und England. Deutschland ist mit relativ wenigen Klassikern vertreten. Warum gibt es Ihrer Meinung nach so wenig deutsche Klassiker oder warum gibt es umgekehrt so viele englischsprachige Klassiker?
  • Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass Deutschland so schlecht wegkommt in meinem Lexikon, vor allem dann, wenn man die Liste der deutschen Kinderklassiker mit derjenigen anderer Länder vergleicht. Dass England und die USA auf weitaus mehr Kinderklassiker zurückblicken können als etwa Deutschland oder Italien hängt mit der Geschichte der nationalen Kinderliteratur und dem zugrunde liegenden Kindheitsbild zusammen. In England hat sich eine qualitativ hochstehende Kinderliteratur bereits Ende des 18. Jahrhunderts angekündigt, in den USA seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein anderer Grund liegt darin, dass in England und den USA von Beginn an renommierte Autoren, die sich als Schriftsteller für Erwachsene einen Namen gemacht haben, auch Bücher für Kinder schrieben, u.a. Louisa May Alcott, Mark Twain, Charles Dickens etc. Bis heute tragen die amerikanische und die britische Kinderliteratur neben derjenigen aus den skandinavischen Ländern wesentlich zur Erneuerung und zum stetigen Renommee kinderliterarischer Werke auch unter der erwachsenen Leserschaft bei. In Deutschland erlebte die Kinderliteratur während der Spätromantik ihre erste Blütezeit (Gebrüder Grimm, E.T.A. Hoffmann u.a.), aber danach gab es einen Einbruch. Erst mit der Weimarer Republik etablierte sich eine anspruchsvolle Kinderliteratur mit den Romanen von Erich Kästner, Lisa Tetzner und Wolf Durian.
  • Viele Klassiker wie "Peter Pan", "Winnie der Pu", "Pinocchio" oder "Heidi" und natürlich auch viele Märchen kennen Kinder oft nur noch aus Filmen. Dass das Original ein Buch war, wissen einige schon gar nicht mehr. Wie haben die modernen Medien die Klassiker verändert?
  • Durch den Medienverbund und die Übertragung in andere Medien (Theaterstück, Hörspiel, Film, Computerspiel) gibt es von vielen Klassikern mehrere Versionen. Oft lernen Kinder sicher Kinderklassiker erst in der Filmfassung oder als Hörspiel kennen. Doch die Begegnung mit diesen Medien führt nach meiner Beobachtung dazu, dass sich die Kinder auch für die Buchfassung interessieren und diese entweder selber lesen oder sich vorlesen lassen.
  • Was wird unter diesen