Der hl. Alexius

Incipit Vita Sancti Alexii Confessoris.
Der heilige Alexius wird bei seiner unerkannten Rückkehr in das Elternhaus mit Waschwasser überschüttet.
Seine Eltern raufen sich nach seinem Tod die Haare (Abbildung aus dem 'Stuttgarter Passionale', WLB Cod bib 2.58, f. 12r)

Henrike Lähnemann

HS Sünderheilige, Jungfrauen, Märtyrer.
Mittelalterliche Vitenliteratur

Mo, 8.30-11.00 Uhr, Raum 036

Ankündigung

Die mittelalterliche Vitenliteratur bietet eine Vielzahl von Lebens- wie von Literaturentwürfen: von Hymnen über Prosa bis hin zu höfischen Heiligen-Romanen in Versform reicht das Spektrum. Die christliche Lebensbeschreibung entsteht als Typus in der Patristik und ist in der lateinischen Literatur verankert, aber ist im Mittelalter auch in allen Volkssprachen präsent, die sich teilweise auch gegenseitig beeinflussen. Im Zentrum des Seminars sollen drei höfische Versionen des Lebens populärer Heiliger stehen: der 'Gregorius' Hartmanns von Aue, der 'Alexius' Konrads von Würzburg und der 'Georg' Reinbots von Durne. Von hier aus soll deren Vorgeschichte erforscht werden (andere Versionen wie das althochdeutsche Georgslied, aber auch Vorlagen wie den altfranzösischen 'Gregoire') und die Variationen dieser Viten in der Rezeption erforscht werden, sei es im 'Erwählten' von Thomas Mann für den 'Gregorius' oder bei Gustave Flaubert in 'La légende de St Julien l'Hospitalier'.

Ablauf

Da die Textbasis umfangreich und disparat ist, soll jeweils eine der drei Stunden der gemeinsamen, kommentierenden Lektüre gewidmet werden. Als Referat wird die Vorbereitung einer Sitzung mit Thesenpapier, Arbeitsgruppenaufgaben und Moderation erwartet.Die Obertitel geben jeweils grundlegende Themen der Sitzung an, die dann theoretisch aufgefaltet und an Textbeispielen belegt werden sollen. In Klammern sind die Texte angegeben, die gemeinsam in der ersten Stunde des Seminars gelesen und kommentiert werden. Bis Semesteranfang sind als Grundtexte Hartmanns ‚Gregorius', Konrads ‚Alexius' und Reinbots ‚Georg' zu lesen. Dazu geht der Übersetzungstest, der in der zweiten Sitzung die Lektürestunde ersetzt. Weitere Texte werden dann gemeinsam mit den Referatgruppen bestimmt und jeweils in der vorhergehenden Sitzung ausgeteilt und auf dem Server zugänglich gemacht. Ähnlich gilt von der Sekundärliteratur: die Lexikonartikel zu Legende auf dem Server und die einschlägigen Artikel im Verfasserlexikon und Killy-Literaturlexikon zu den einzelnen Texten/Autoren werden als bekannt vorausgesetzt. Die Referatgruppen geben darüber hinaus gehende Sekundärliteratur (theoretische Zugänge, Spezialaufsätze etc.) auf dem Handout an, das ebenfalls in der vorhergehenden Sitzung vorliegen soll, in einer Form, die mit mir in der Sprechstunde abgesprochen ist.
Achtung! Kompakttag am 27. Mai als Ersatz für die drei ausfallenden Montagstermine (1. & 22. Mai, 5. Juni)

  1. 24. April Einführung: Terminologie des Heiligen, Gattungsfrage, Seminaraufbau
    (Prolog des ‚Gregorius')
  2. 8. Mai Wie macht man einen Heiligen? Aurelius in Hirsau und Zwiefalten
    (Übersetzungstest)
  3. 15. Mai Passion, Blut, Martyrium. Topoi des Leidens und Überwindens
    (Reinbot von Durne: ‚Georg'-Schluss)
  4. Sa, 27. Mai, 9.30 Heiligeninszenierung. Georg, Maria und Martin als Patrone der Stiftskirche und Bernhard als Ordenspatron des Klosters Bebenhausen in Bild und Verehrung
    (ahd. Georgslied, späte Georgs-Legenden)
  5. 29. Mai Judas, Ödipus und Gregorius. Die Karriere der Sünderheiligen
    (‚Gregorius'-Versionen im Vergleich)
  6. 12. Juni Heilige Ritter. Höfische Literatur und Legende
    (Hartmann: ‚Gregorius' und ‚Iwein' im Vergleich)
  7. 19. Juni Hartmann, Gottfried und Wolfram als literarische Vorbilder
    (Reinbot: ‚Georg'-Prolog und Wolfram: ‚Willehalm')
  8. 26. Juni Der Heilige unter der Treppe. Märchenmotive und Heiligkeit
    (Konrad von Würzburg: ‚Alexius')
  9. 3. Juli Legendenzyklen, Liturgie und Gebrauch
    (Alexius und Gregorius in ‚Der Heiligen Leben')
  10. 10. Juli Gender und Heiligkeit. Jungfrauen, Witwen und Reuerinnen
    (Die Legenden der Nonne Regula)
  11. 17. Juli Romantisches Mittelalter-Revival. Legendendichtung des 19. Jhs.
    (Clemens Brentano)
  12. 24. Juli Romantik, Ironie und Spiegel. Rezeption mittelalterlicher Legenden.
    (‚Der Erwählte', ‚St. Julian')

Literatur

Die ATB-Ausgabe des 'Gregorius' von Burghart Wachinger ist im Handel erhältlich, die anderen Texte werden als pdf-Dokumente auf dem Vitruv-Server zugänglich gemacht: die Texte können von SeminarteilnehmerInnen nach der Anmeldung mit der Benutzernummer der UB Tübingen und dem Benutzerpasswort gelesen und herunter geladen werden. Dazu auf der Seite http://vitruv.ub.uni-tuebingen.de:8080/tuub/ bei dem 'Login' links oben die entsprechenden Daten angeben. Die Dokumentstruktur ist auch ohne Anmeldung sichtbar. Dort sollen auch die Seminarpapiere seminarintern veröffentlicht werden, ebenso Übersetzungsprotokolle und Hintergrundlektüre.

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